Die chronisch-venöse Insuffizienz oder auch Beinvenenschwäche genannt ist eine Erkrankung der Beinvenen – jener Blutgefäße, die das Blut aus den Beinen zum Herzen transportieren. Sind sie geschwächt, funktioniert der Blutabtransport nur eingeschränkt, es kommt zu einem krankhaften Blutrückfluss in Richtung Füße. Dieser gestörte Blutabfluss führt zu Beschwerden, die sich nach beispielsweise längerem Stehen als Knöchel- und Unterschenkelschwellung, Schmerzen in den Beinen oder als „schwere Beine“ äußern.
Werden die Beine hochgelagert, wird das Blut leichter abtransportiert, was zu einer deutlichen Besserung der Symptome führt. Die Beine schwellen ab und fühlen sich wieder leichter an. Damit sind zwar die akuten Symptome beseitigt, die grundsätzliche Ursache jedoch nicht. Die Venenschwäche bleibt weiter bestehen und verschlimmert sich.
Der Erkrankungsgipfel liegt bei Frauen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, bei Männern zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr.


Ursachen
Die chronisch-venöse Insuffizienz ist eine Erkrankung der Beinvenen und entsteht durch einen erhöhten Druck in diesen Gefäßen, der durch folgende Faktoren gefördert wird:
- Primär bestehende Venenklappenschwäche (erblich bedingt, Venenerkrankung von Vater, Mutter oder Großeltern)
- (vorangegangene) Thrombose der Beinvenen und damit bedingter sekundärer Venenklappenschwäche
- Mangelnder Gegendruck der Unterschenkelmuskulatur (Muskelpumpe) bei zu wenig Bewegung
Weitere Risikofaktoren sind:
- Weibliches Geschlecht
- Lebensalter
- Lifestyle (Bewegungsmangel, sitzende berufliche Tätigkeit)
- Übergewicht
Symptome
Frühstadium:
- Oberflächliche Venenerweiterungen: Besenreiser, Krampfadern
- Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen
- Wadenkrämpfe
- Juckreiz, Kribbeln und Brennen der Haut, vor allem im Unterschenkelbereich
- Wasseransammlungen in den Beinen (Beinödeme), die sich zu Beginn der Erkrankung durch Hochlagern zurückbilden, in späteren jedoch Stadien dauerhaft bestehen bleiben. Erkennbar sind diese durch Eindrücken der Haut mit dem Daumen, bei Wasseransammlungen bleibt für einige Zeit eine kleine Delle bestehen.
Fortgeschrittene Stadien:
- Hautveränderungen: dunkle Verfärbung der Haut (Hyperpigmentierung) meist im Knöchelbereich beginnend, Hautrötung und Unterschenkelekzeme (sog. Stauungsekzeme)
- Leicht verletzliche und schlecht heilende Haut
- Nicht heilende Beingeschwüre und offene Beine (Ulcus cruris)

Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose wird in der Regel anhand der klinischen Beschwerden gestellt. Zur genaueren Abklärung sollte ein Gefäßultraschall der Venen durchgeführt werden (Duplexsonographie, Goldstandard).

Therapie
Vorbeugung und konservative Therapie:
Im Frühstadium kann ein Voranschreiten der chronisch-venöse Insuffizienz durch Gewichtsabnahme, regelmäßige Bewegung, Vermeiden längerer Stehbelastung und Tragen von Kompressionsstrümpfen hinausgezögert werden. Eine medikamentöse Therapie (Phytotherapie) ist ebenso indiziert, beispielsweise mit Flavonoiden aus Bitterorangen (Daflon®).
Verödungstherapie (Sklerotherapie):
Bei chronischer Veneninsuffizienz, die ihre Ursache in einer Schwäche oberflächlicher Venen hat, kann eine Verödungsbehandlung das Beschwerdebild mindern bzw. kosmetisch störende Besenreiser und kleinere Hautvenen oder Seitenastkrampfadern beseitigen. Ziel dieser sogenannten Sklerotherapie ist das Ausschalten des betroffenen Venen- oder Krampfaderabschnitts. Hierbei werden die betroffenen Venen mit einer kleinen Nadel punktiert und Verödungsmittel in die Venen eingebracht, was zu einem Verkleben der Venen führt. Die Therapie erfolgt ambulant, es kann nachfolgend zu kleinen Hämatomen („blauen Flecken“) kommen, die nach einigen Tagen wieder verschwinden. Im Anschluss an die Therapie empfiehlt sich das Tragen von Kompressionsstrümpfen für eine Woche.
Bei krankhafter Veränderung der großen Stammvenen (Insuffizienz der Vena saphena magna und Vena saphena parva) empfiehlt sich die Durchführung eines operativen Verfahrens. Die Stammvenen sollten nur in Ausnahmefällen, z.B. bei hohem Lebensalter, mittels Sklerotherapie verödet werden.
Operative Therapie:
„Klassische“ Varizenoperation:
Die klassische Stripping-Operation der Krampfadern besteht im Wesentlichen aus 3 Schritten:
- Unterbindung/Durchtrennung der Stammvenen (Vena saphena magna im Oberschenkelbereich, Vena saphena parva am Unterschenkel) im Bereich der Einmündungsstellen in das tiefe Venensystem in der Leiste oder in der Kniekehle. Hierbei ist ein oft mehrere Zentimeter langer Hautschnitt im Bereich der Leiste/Kniekehle notwendig.
- Entfernung/Herausziehen der betroffenen Stammvene (Stripping).
- Bei Bedarf Entfernung von sogenannten Seitenästen der Stammvenen durch kleine, ca. 3 mm lange Schnittchen mit einem speziellen Häkchen (Phlebektomie).
Bei der klassischen Stripping-OP ist meist eine Vollnarkose erforderlich.
Endovenöse Therapieverfahren:
In den vergangenen Jahren haben sich zusehends endovenöse Verfahren zur Therapie der chronisch-venösen Insuffizienz etabliert. Es handelt sich hierbei um minimalinvasive Therapieformen. Sie stellen eine sanfte alternative Behandlungsmethode zur klassischen Varizenoperation dar. Im Folgenden sind die unterschiedlichen Therapieverfahren aufgelistet:
- endovenöse Lasertherapie (EVLT)
- Radiofrequenzablation (RFA, VNUS ClosureFast ®)
- Mechano-chemische Ablation (MOCA, ClariVein®)
Durchführung:
Bei der endovenösen Therapie entfällt der Schnitt in der Leiste oder der Kniekehle. Die Stammvene wird nicht entfernt (gestrippt), sondern mit Hilfe eines Katheters verschlossen. Der Katheter wird in örtlicher Betäubung unter Ultraschallkontrolle durch Punktion in die Vene eingebracht und bis kurz vor deren Einmündung in das tiefe Venensystem in der Leiste oder der Kniekehle vorgeschoben. Im Anschluss wird die zu behandelnde Vene im gesamten Verlauf örtlich betäubt. Beim schrittweisen Zurückziehen des Katheters wird bei der Radiofrequenzablation und bei der endovenösen Lasertherapie im Bereich der Katheterspitze Energie in Form von Wärme auf die Venenwand übertragen. Die Vene schrumpft und wird somit verschlossen, dadurch wird der krankhafte venöse Rückfluss ausgeschaltet.
Bei der mechano-chemischen Ablation wird durch einen sehr schnell rotierenden Draht mit einer speziell abgewinkelten Spitze, der gegen die Veneninnenwand schlägt ein Gefäßspasmus (Zusammenziehen des Gefäßes) erzeugt. Gleichzeitig wird ein flüssiges Verödungsmittel injiziert. Der rotierende Draht führt weiters zu einer Verwirbelung des Verödungsmittels und damit zu einem gleichmäßigen Kontakt mit der gesamten Veneninnenwand und verödet diese. Aufgrund einer begrenzten Maximalmenge des Verödungsmittels kann in einer Sitzung meistens nur ein Bein behandelt werden.
Im Gegensatz zur klassischen Stripping-OP können endovenöse Therapieverfahren ambulant und in örtlicher Betäubung erfolgen. Bereits nach 1-2 Tagen ist die Patientin/der Patient wieder arbeitsfähig.
Nebenwirkungen sind meist nur leichte Schmerzen, Hämatome, eine oberflächliche Venenentzündung (Thrombophlebitis) und strangartige Verhärtungen im Verlauf der behandelten Vene.

Dr. Nadine Reiter ist Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Ärztin für Allgemeinmedizin. Zum Fachgebiet der Dermatologie zählt des Weiteren die Diagnostik und Therapie von Venenerkrankungen in ihrem gesamten Spektrum. Während ihrer Zeit an der Universitätsklinik für Dermatologie am AKH Wien war Dr. Reiter unter anderem in diesem speziellen Bereich tätig.